Schade, echt schade. Da findet in Berlin gerade der Bundesvision Song Contest statt, und jedes Bundesland hat seine eigene kleine lokale Party (in Berlin feiern sie zum Beispiel im „Soda“, in Sachsen-Anhalt in einer Lokalität, die sich – Achtung – „Wonne, Mond und Sterne“ nennt), und Frankfurt hat im Osten der Stadt etwas auf die Beine gestellt. Pardon, im „Oosten“, so heißt das neue Kneipe/Restaurant/Bar-Konzept vom Walden-Macher Thomas Klüber. Das Besondere: Das Ding hat noch gar nicht eröffnet, schließt nur für diese kleine BuViSoCo-Party die Türen auf. Grund genug für Jenny und mich (neben Daumen-drücken-Auftrag für Cris Cosmo), mal vorbeizuschauen.
Hinter der Veranstaltung steckt ein privater Jugendradiosender, über dessen Dance-Beats ich sonst meist hinwegzappe; aber dass er versucht, junge Menschen für eine exklusive Cris-Cosmo-Public-Viewing-Show zusammenzutrommeln, das finde ich gut, richtig gut. Dumm nur: Gar zu viele Leuts wollten anscheinend nicht kommen. Der Sender hat über ein Gewinnspiel Karten rausgehauen, Cris Cosmo hat auch nochmal welche verteilt, 120 Leute, so munkelt man, sollten mitfiebern.
Ich habe sie nicht gezählt, aber – geschulter Blick statt Rechenschieber – da waren weniger, um einiges weniger Leute am Start. Und die, die da waren, sorry, klebten an ihren Hockern, als gebe es dafür was umsonst. Über zwei Bildschirme flackerte Stefan Raab über jenen Raum, in dem zwei Wochen später (ab dem 11. Oktober, erklärt mir der Chef) gehobene Küche serviert werden soll, der heute aber, in diesem merkwürdig bunten, kühlen Licht, mit dieser niedrig hängenden Decke, mit diesem Jungvolk auf Valium, wirkt wie ein lahmer Aufenthaltsraum in einer Jugendherberge. Und zwar, bevor der Jägermeister fließt und die Flaschen gedreht werden.
Mann, mann, mann. Oder, wie es Jenny neben mir ausdrückt: „Wenn Cris das sähe, er würde weinen.“ Na, das vielleicht nicht gerade. Aber er würde mindestens in seine Klampfe hauen und jammend Sprüche klopfen. Steht auf, feiert, ihr seid zu jung für dieses Rumgehocke, für diese Gespräche über Riester-Rente und Smartphoneverträge.
Ich versuche, nicht mehr hinzugucken zu diesen Leuten; Raab auf seinen zwei Fernsehern mit seinen rhetorischen Rülpsern (so nennt man wohl neuerdings diese Ähm-, Eh-Verlegenheitssilben, erklärt mir an diesem Abend eine nette Neubekanntschaft, also: wenigstens was gelernt) ist mir auch schon fast egal, ich inspiziere die Location, und die ist wirklich vielversprechend. Nach links, nach rechts und geradeaus ein herrlicher Blick auf den Main, auf Hafen, auf Grün und, zauberhaft, auf die Skyline, je nachdem, wie man den Kopf wendet. Die Seiten des Raums sind verglast, mehr noch: bestehen aus aufschiebbaren Türen – im Sommer muss hier ein herrliches Freiluftfeeling herrschen. Okay, wiederkommen könnte lohnen.
Heute Abend aber ist Abschied nehmen angesagt. Kurz noch beobachtet, wie die Jugendsender-Moderatorin versucht, über eine kleine Ansage angestrengt auf Stimmung zu machen („Seid Ihr gut draaauf?!“), aber was soll sie auch machen, die Gute, die wäre an diesem Abend sicher auch lieber auf ner richtigen Erwachsenenparty statt hier das einzige verfügbare Speisenangebot – Sandwiches – anzupreisen (gibt noch keine Küche in diesem Pre-Restaurant, Karte deshalb provisorisch bis unterirdisch, selbst die Radioleute zwängen sich tapfer lächelnd die Brotscheiben rein).
Gleich soll es noch eine Live-Schalte von der Dachterrasse aus geben, „kommt alle mit aufs Dach!“ – wir aber gehen, legen im Auto auf dem Weg zu unserer Alternativveranstaltung nochmal Cris‘ Wettbewerbssong „Herzschlag“ ein und finden: Diese Party hätte dringend ’nen Herzschrittmacher gebraucht.
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