Es gibt Menschen, die gehen schnurstracks geradeaus. Haben einen Plan, ein Ziel, eine Strategie. Auf die Frage: „Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?“ können sie wie aus der Pistole geschossen die wichtigsten angepeilten Eckpunkte aufzählen: Führungsposition, Eigenheim, zwei Kinder. Vielleicht auch: Weltreise, Marathon, Bestsellerliste. Liegt darin Glück? Im Voranschreiten, im unbeirrbaren stringenten Handeln? Immer auf Konsequenzen, the Big Final bedacht, vielleicht auch: berechnend agierend?

Für Mary Roos jedenfalls nicht.

 „Ich habe oft Dinge gemacht, die mir im ersten Moment gar nichts gebracht haben, vor allem kein Geld, sondern einfach, weil ich sie machen wollte“, erzählt die Sängerin im Podcast „Toast Hawaii“. Die meiste Zeit ihres Berufswegs sei sie ohne Manager ausgekommen, habe viel alleine organisiert – und autark entschieden. Das Leben habe sie dabei immer wie eine Art Straße betrachtet, von der „man links und rechts abbiegen könne — „und das habe ich gemacht.“ Mal hier Theater, mal dort Musical, Auftritt in der Muppetshow, eine eigene Sendung, die später in 25 Länder verkauft werden sollte, schließlich auch Kabarett. Ein Leben in Frankreich, Reisen nach Asien. All dies reizte sie, es war möglich – warum sich also nicht hineinstürzen, in diese Wundertüte namens Leben? Natürlich seien die Leute irritiert gewesen, konnten die Künstlerin nicht mehr einordnen. „Was bist du nun eigentlich, du bist doch Sängerin?“, diese Frage hätte sie häufiger gehört. 

Eine lebhaft lachende Mary Roos in rotem Pullover vor rotem Hintergrund

Mal links, mal rechts vom Weg abbiegen — das war immer ihre Glücksformel: Mary Roos (Foto: Manfred Esser)

Aber am Hierhinschauen und Dorthinschippern und Dahineinschnuppern konnte und kann sie niemand hindern. „Weil es mir gut tut!“, sagt sie im Podcast.

Auch musikalisch ist sie wandelbar. Gut, die Neue Deutsche Welle hat sie nicht mitgemacht, aber neben Schlager singt sie auch Chanson, Swing, Bossa-Nova, Jazz und Pop, covert Dieter-Bohlen-Songs und den Cher-Hit „Believe“ (übersetzt ins Deutsche), tritt beim Eurovision Song Contest ebenso auf wie in der Hitparade und in der Show „Sing meinen Song“.

Ein Leben lang immer nur dasselbe, das Vorhersehbare gar? Nicht mit ihr. Mehrfach saß sie später selber in der deutschen Jury des Eurovision Song Contest, 2015 startete sie mit dem befreundeten Kabarettisten Wolfgang Trepper eine Bühnenshow („Nutten, Koks und Erdbeeren“), in der beide das Schlagerfach verulken.

Und noch etwas verriet die Sängerin im Podcast „Toast Hawaii“, der sich programmatisch um Essen und Trinken dreht: Sie trinkt keinen Alkohol. Auf Feiern mit Freunden sei sie dennoch häufig die, die den meisten Spaß habe. Vor allem tanzt sie gern ausgelassen — auf Parties, so könnte man sagen, wie durchs Leben. 

 

 

  • Wer mehr über Mary Roos erfahren mag: Auf Ihrer Homepage https://mary-roos.de gibt die Sängerin (die doch immer so viel mehr sein wollte als Sängerin) noch mehr Einblicke in ihr Leben und ihre Gedanken.

  • Wer sie (noch einmal) erleben mag: Gerade tourt die 75-Jährige erneut mit Wolfgang Trepper durchs Land; ihre Nachfolge-Kabarettshow „Mehr Nutten, mehr Koks — scheiß auf die Erdbeeren“ soll aber eine endgültige Abschiedstournee sein. Bereits 2019 hatte Roos das Ende ihrer Gesangskarriere verkündet, nun könnte wirklich Schluss sein.

  • 2022 ist im Rowohlt-Verlag außerdem ihre Autobiographie „Aufrecht geh’n“ (benannt nach einem ihrer größten Liederfolge) erschienen.

  • Und was war das nochmal für ein Podcast? „Toast Hawaii“,  so hieß der, und ja, er dreht sich ums Essen. Um Lieblingsgerichte, Speisen, die an Kindheit oder Heimat erinnern, Geheimrezepte, Tipps bei der Zubereitung, unnötige Küchenutensilien. Anhand dieser kulinarischen Punkte besprechen Gastgeberin Bettina Rust (eine wunderbare Interviewerin ist sie ja schon in ihrer sonntäglichen Radio-eins-Radioshow „Hörbar Rust“) und Prominente Lebensstationen, Wünsche, Träume, Anekdoten. Eine tolle Reihe. Doch Vorsicht: Man könnte Hunger bekommen. So jedenfalls ging es auch Mary Roos, die mittendrin und unvermittelt fragte: „Ach, Bettina, wollen wir nicht vielleicht einfach sofort essen gehen?“  
 
 

// Unbeauftragte Werbung //

 

Über diese Reihe 

Unter der Rubrik „Was uns gut tut“ soll sich auf diesem Blog versammeln, was Menschen – ganz subjektiv und individuell – als wohltuend empfinden. Denn irgendwann war es mir aufgefallen: Wie häufig Menschen doch sagen: „Ich tue dies — das tut mir gut“, „Ich mache seit Wochen jenes — das fängt mich auf. Erleichtert mich. Beglückt mich. Gibt mir einen Kick. Flow. Seligkeit.“ Solche Life-Hacks, Psycho-Hacks will ich aufgreifen und hier zusammentragen. Kleine, nützliche Heilmittel, Tools-to-turn-to, Instant-Instrumente zum Wiederzusichfinden. Das kann ein bestimmter Gedichtband sein, ein Lied, Trampolinspringen, ein Anruf bei der Mama, alte Loriot-Filme, you name it. Denn ehrlich: Happymaker können wir doch alle gebrauchen, oder?


Bisher in dieser Reihe erschienen: